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Entfernte Nähe
Das Jahr des Aufruhrs
+ Parissa
Abbas Maroufi, Berlin
+ Fereshteh Sari, Teheran
Eintritt: 4 €, ermäßigt 2,50 €
27.04.2004
19:30
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Entfernte Nähe
Double Feature

1941: Die Sowjetrussen marschieren in Nord-Iran ein. Eine Provinzstadt versinkt im Chaos marodierender Truppen und Machtkämpfe. Ein Galgen wartet darauf, jemanden zu hängen und eine Frau stirbt sieben Nächte lang, erinnert sich, wandelt zwischen den Zeiten und versinkt im Delirium des Sterbens. Abbas Maroufi hat mit dem im kommenden Herbst im Suhrkamp Verlag auf Deutsch erscheinenden Roman "Das Jahr des Aufruhrs" eine Parabel über Macht und Willkür geschrieben, indem er verschiedene Erzählebenen einsetzt: die öffentlich-politischen Geschehnisse in einem Dorf und das private, individuelle Schicksal einer Frau. Der 1957 in Teheran geborene und seit 1996 im Berliner Exil lebende Maroufi genießt spätestens seit seinem Roman "Symphonie der Toten" internationales Ansehen und zählt zu den führenden Vertretern der iranischen Literatur.
Die in Teheran lebende Autorin Fereshteh Sari erzählt in ihrem Roman "Parissa" vom modernen, städtischen Alltagsleben einer Schriftstellerin in Iran. Ihr noch unveröffentlichtes Buch enthält ebenso wie Abbas Maroufis Texte Traumsequenzen, zuweilen fast schon surreal-märchenhafte Elemente, die zwischen Fiktion und Realität changieren.
Neben konkreten Alltagsproblemen einer Familie greift dieser Roman auch die Auseinandersetzung mit der eigenen Geschichte auf. Am Beispiel eines Ehepaares werden unterschiedliche Positionen zur Gegenwart skizziert. Während der Mann sich in historische Studien flüchtet, setzt sich die Frau mit der Alltagsrealität auseinander, indem sie ihr kreative Imaginationen entgegensetzt. Fereshteh Sari war bis 2001 Vorstandsmitglied des iranischen Schriftstellerverbandes.

BIOGRAFIEN:
Abbas Maroufi, der 1957 in Teheran geboren wurde, begann bereits während seines Militärdienstes zu schreiben. Nach einem Studium dramatischer Literatur betreute er die Musikabteilung der Teheraner Stadthalle. 1990 gründet er die oppositionelle Kulturzeitschrift "Gardun" (Himmelsgewölbe), die schnell zum wichtigsten Sprachrohr oppositioneller iranischer Intellektueller wurde. Auf Grunde seines politischen Engagements wurde er in den folgenden Jahren mehrfach angeklagt und schließlich sogar zum Tode verurteilt. Eine Vollstreckung konnte er erst in letzter Minute durch die Intervention des damaligen Kulturministers und späteren Staatspräsidenten Mohammed Chatami verhindert werden. Wegen „Beleidigung des Islams“ wurde "Gardun" 1996 die Lizenz entzogen, Maroufi mit einem Publikationsverbot belegt und neben einer mehrmonatigen Haftstrafe zu 20 Peitschenhieben verurteilt. Obwohl Maroufi diese Strafe wegen internationaler Proteste nicht antreten musste, emigrierte er kurz darauf nach Deutschland. Seit mehreren Jahren lebt und arbeitet er in Berlin, wo er auch einen Buchladen führt. Seine intelligenten Aufsätze zur politischen und gesellschaftlichen Situation in Iran, die u. a. in der ZEIT, dem Spiegel und der FAZ erschienen sind, haben ihn zu einer der bedeutendsten intellektuellen Stimme unter den iranischen Exilanten in Deutschland werden lassen. Seit kurzem werden einige seiner Bücher neu in Iran aufgelegt. Auf Deutsch erschienen "Symphonie der Toten" und "Die dunkle Seite". Im Herbst 2004 erscheint "Das Jahr des Aufruhrs".

Fereshteh Sari wurde 1956 in Teheran geboren, wo sie auch heute noch lebt und arbeitet. Sie studierte Informatik, russische Sprache und Literatur und arbeitet gegenwärtig als Redakteurin und Übersetzerin. Sari begann in den frühen 80er Jahren literarische Texte und Gedichte zu schreiben. Ihr erster Lyrikband „Pejvak-e Sokut“ (Echo der Stille) erschien 1987. Seitdem hat sie vier weitere Bände mit Gedichten, fünf Romane, wissenschaftliche Studien, zahlreiche Erzählungen und ein populäres iranisches Kinderbuch veröffentlicht. Wegen des in ihren Texten immer wieder angemahnten Rechts auf freie Meinungsäußerung und Menschenwürde, wurde sie mehrfach von offizieller iranischer Seite verhört. Vor der Wahl Chatamis zum Präsidenten war einer ihrer Romane verboten, verschiedene andere konnten nicht veröffentlicht werden. 1999 nahm sie als offizielle Vertreterin des unabhängigen iranischen Schriftstellerverbandes den renommierten Erich-Maria-Remarque Preis der Stadt Osnabrück entgegen.

BIBLIOGRAFIEN:
Abbas Maroufi (Auszug):
Das Jahr des Aufruhrs, Roman, 2004
Die dunkle Seite, Roman, 1998
Symphonie der Toten, Roman, 1996

Fereshteh Sari (Auszug):
Tchehre-negâri-e donyâ (Porträt der Welt), Erzählungen, 2002
Rus-hâ va nâme-hâ (Tag und Briefe), Gedichte, 2002
Atr-e râsiâneh (Der Duft des Fenchels), Roman, 1999
Mitrâ, Roman, 1998
Djomhuri-ye semestân (Winterrepublik), Gedichte 1993




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