Was ist Pop? Und: Wie klingt Europa? Mit diesen Fragen hat sich popdeurope als Sommermusikfestival positioniert und in Berlin eine Plattform für migrating sounds in and out of europe geschaffen. Popdeurope 2003 präsentiert Urban Soundscapes, die Klangbilder aus Metropolen wie Lissabon, Istanbul, Barcelona, Marseille, Toulouse, London oder Budapest und stellt sie in Beziehung zur Popcity Berlin. In all diesen Städten treffen globale Popsprachen wie Hiphop, R?n?B, Downbeats, Dancehall oder House auf außereuropäische Einflüsse und Traditionen. Die dabei entstehenden Styles sind nicht nur Teil eines neuen Popvokabulars, mit dem Migranten ihre eigene, neue Identität beschreiben. Die bei popdeurope 2003 auftretenden Künstler stehen auch für den spannungsvollen Dialog zwischen individuellen, durch das direkte urbane oder regionale Umfeld geprägten Sounds und einer Musikindustrie, die zunehmend in globalen Mechanismen agiert. 2003: Globalizer in Metropolistan
Europas Metropolen atmen einen neuen Beat. Städte wie London, Brüssel, Marseille, Athen, Lissabon, Barcelona, Genua oder Istanbul sind Entstehungsorte und Impulsgeber einer neuen Form von Popkultur, die klanglich mitten im Zentrum der Globalisierung steht und die weltweit kommuniziert ? auch jenseits der Medienkanäle des Mainstreams. Hiphop, Dancehall, Reggae, R?n?B, Breakbeats, 2Step ? all diese Stile haben sich in den vergangenen Jahren zu weltweit verständlichen Pop-Sprachen entwickelt, die einen hohen und leicht zugänglichen Identifikations- und Orientierungsfaktor in einer unüberschaubaren Medienwelt darstellen. Auf der Mainstream-Seite der Plattenindustrie befördert diese Globalisierung die weltweite kommerzielle ?Verwertung? von Role-Models wie Robbie Williams oder Britney Spears. Doch es gibt auch einen Gegentrend zu dieser Entwicklung, der nicht zuletzt in den Metropolen Europas deutlich zu erkennen ist. Kinder von Einwanderern oder nach Europa umgesiedelte Künstler, die ihre musikalische Ausbildung und damit die Weitergabe zahlreicher Traditionen noch in ihrer alten Heimat erfahren haben, machen sich die weltweite Verständlichkeit der Popsprachen in einem anderen Sinn zu Nutze. Indische Kids in London nehmen klassische indische Musik als Grundlage für die in England entstandene Banghra-Popmusik und bedienen sich hierfür zugleich bei aktuellen britischen Dancefloor-Sounds. Algerische Jugendliche in Toulouse singen französische Arbeiterlieder mit arabischem Dialekt und fusionieren sie mit Hiphop. In der Türkei finden junge Musiker erstaunliche Parallelen zwischen House oder Techno und der spirituellen Musik, zu der die Derwische seit Jahrhunderten tanzen. In Brüssel entstehen einige der modernsten Interpretationen maghrebinischer und zentralafrikanischer Musik, indem Texte in der jeweiligen Sprache in einen Soul- oder Dancehall-Kontext eingefügt werden. So unterschiedlich die musikalischen Stile sein mögen, die bei diesen neuen Fusionen entstehen, so deutlich ist doch die Gemeinsamkeit in der Methodik: Die globalen Soundsprachen werden genutzt, um lokale Identitäten, Slangs und Styles zu transportieren. Über das verbindende Element eines Beats oder eines Rhymes kann ein Interesse geweckt werden, sich auch mit den unbekannten Aspekten einer Migranten-Kultur zu beschäftigen. In genau diesem Spannungsfeld findet popdeurope seinen Ansatzpunkt und ?seine? migrating sounds in and out of europe.
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