Die Ausstellung beschränkt sich bewusst auf wenige Künstler. Ihre Stärke liegt darin, die Problematik kultureller Repräsentation - in Geschichte und Gegenwart - in ihrer eigenen Arbeit so kritisch wie originell zu reflektieren. Gerade das Medium Film ist immer wieder zu ethnografischen Zwecken gebraucht und missbraucht worden. Im Bewusstsein eben jener Geschichte sind die Arbeiten entstanden. Tim Sharp verwendet Fragmente eines auf dem Flohmarkt gefundenen Films über die Tuareg. In seiner Bearbeitung "Traveller's Tales" lenkt er durch Wiederholung und Schnitt den Blick auf jene Mittel, mit denen dokumentarische "Wirklichkeit" erzeugt wird: "Vielleicht hatten die Filmemacher den Anspruch, die Wirklichkeit der Tuareg darzustellen, aber ihre Aufnahmemethoden machen aus den Tuareg Schauspieler, die auf ihr Stichwort warten, 'typische' Tuareg-Dinge in einer ästhetisch akzeptablen Weise zu tun." Isaac Julien, dessen "Paradise Omeros" zu den Highlights der letzten Documenta zählte, greift hier die Phantasien und Gefühle auf, die mit "Kreolität" verbunden sind: das Gemenge aus verschiedenen Sprachen, die vielschichtigen Bewusstseinsebenen, resultierend aus dem Aufeinandertreffen der unterschiedlichen Herkünfte und die territorialen Verschiebungen, die entstehen, wenn man in mehreren Kulturen gleichzeitig lebt. "True North" dagegen, die von Isaac Julien eigens für dieses Project geschaffene Filminstallation, wirkt meditativ und umfasst reflektierende Bilder des Erhabenen und wie "Paradise Omeros" benutzt sie Landschaft als einen zentralen Ort und als Schlüsselthema. Vage inspiriert von der Geschichte des afroamerikanischen Dieners Matthew Henson (1866-1955), der den Forscher Robert Peary begleitete und einer der ersten Menschen war, die den Nordpol erreichten, bietet die Installation einen faszinierenden neuen Blick auf Raum und Zeit und dessen Beziehung zur Gegen-Geschichtsschreibung. Wien ist das Thema von Lisl Ponger. Sie hat Anfang der 90er-Jahre im Zuge einer multikulturellen Weltreise, bei der sie die Stadt doch nicht verlassen hat, Super 8-Aufnahmen von Festen, Hochzeiten und Tänzen gesammelt("Phantom Fremdes Wien"). Ging es ihr zunächst um eine Sichtbarmachung von im öffentlichen Stadtbild schlichtweg nicht existierender kultureller Vielfalt, so stellt der aktuelle Rückgriff darauf gerade diesen Akt der Visualisierung wieder in Frage: "Was sehe ich eigentlich?" Keith Piper baut mit seiner multimedialen Installation "Synthetic Geographies" auf der Geschichte des HKW und des Tiergartens auf: vom königlichen Jagdgrund zum Volkspark. Geografie bzw. Landschaft ist für ihn synthetisch und konstruiert. Er hat eine Arbeit entworfen, deren zentrales Element ein Festzelt mitten im Haus der Kulturen der Welt ist - sind doch Zelte im weitesten Sinne die Symbole der menschlichen Kolonisation des "natürlichen" Raums. In diesem Zelt ist ein großformatiges Video zu sehen, das mit den Begriffen des "vermessenen" und "unvermessenen Raums" und der Opposition von "Park und Plantage" spielt. Die Künstler: Isaac Julien wurde 1960 geboren und lebt und arbeitet in London. Er hält Vorträge an der Harvard University und am Whitney Museum of American Art, Independent Study Program. Am Goldsmiths College der University of London hat er ein Forschungsstipendium und an der Serpentine Gallery, London arbeitete er als Lektor. 1984 gründete er das wegweisende Sankofa Film and Video Collective. 1998 erhielt Isaac Julien eine Auszeichnung der Andy Warhol Foundation und 2003 den Preis der Großen Jury, KunstFilm-Biennale, Köln. Jüngste Einzelausstellungen u.a. Museum Boijmans Van Beuningen, Rotterdam (2004) und Metro Pictures, New York (2003). 2004 wurde sein Werk für die Whitney Biennial, Whitney Museum of American Art, New York und die Berlin Biennale 04 ausgewählt, bei der Documenta XI, Kassel, Deutschland, hat das Publikum sein Werk "Paradise Omeros" begeistert gefeiert.
Keith Piper wurde 1960 in Malta geboren. Zur Zeit ist er Cheflektor der Medienproduktion an der School of Cultural & Innovative Studies der University of East London. Kürzliche Einzelausstellungen u.a. The "Mechanoid's Bloodline", Rigina Gouger Miller Gallery, Pittsburgh, USA (2001) und "Machine", Henie Onstad Kunstsenter, Oslo. Norwegen. Gruppenausstellungen u.a. "Race In Digital Space" am Studio Museum in Harlem, New York, USA (2002), "Unpacking Europe" am Museum Boijmans Van Beuningen, Rotterdam (2001) und 2nd Johannesburg Biennale (1997). Zu seiner Arbeit wurden zwei Monographien veröffentlicht: "Relocating the Remains", herausgegeben von David Chandler und Kobena Mercers monographisches Essay, erschienen bei inIVA, "Witness at the crossroads. An Artists journey in Post-colonial space". Lisl Ponger wurde 1947 in Nürnberg, Deutschland geboren. Sie lebt und arbeitet in Wien, wo sie eine Gastprofessur für Kunstfotografie an der Universität für Angewandte Künste inne hat. 1994 erhielt sie den renommierten National Prize for Film Art und 2003 den Visual Arts Prize der Provinz Niederösterreich. Einzelausstellungen u.a. Wien Museum Karlsplatz (2002) und Ethnographisches Museum Genf (1999). Gruppenausstellungen u.a. "TOUR-ISM", Fondacion Tapies, Barcelona und Salzburger Kunstverein (2004), "Double Bind", ATA Galerie, Sofia und Documenta XI, Kassel (2002). Kürzliche Monographien u.a. "Xenographische Ansichten" (1995) und "Phantom Fremdes Wien" (2004). Tim Sharp wurde in Perth, Schottland geboren. Einzelausstellungen u.a. UAA Gallery, Addis Abeba (2002), Wittgenstein Villa, Wien (2000); Central Saint Martins' Gallery, London (1999). Kürzliche Gruppenausstellungen u.a. "Shake", OK Centrum für Gegenwartskunst, Linz / Villa Arson, Nice (2004); "Leviathan", Kunsthalle Düsseldorf (2003) und "Routes: (Imaging Travel and Migration)" Graz, Kunstverein /Steirischer Herbst (2002). Seine neue Vidoarbeit Traveller's Tales (2003), wurde ausgewählt und gezeigt beim Windsor International Festival of Experimental Film and Video Art, Canada, DIAGONALE 04, Graz, Iowa City International Film Festival, USA und dem 50. Internationalen Kurzfilmfestival Oberhausen.
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