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popdeurope
migrating sounds in and out of europe
03.05.2002
28.04.2003
Globalisierung, Identität, Jugendliche, Metropole, Multikulturalität, Popkultur, Rassismus, Ritual, Subkultur, Tradition
Das Bollywood-Phänomen
Vögel, dürstend nach Freude und Freiheit
Goodbye Manu Chao, hello Scorpions?
Globalisierung und kulturelle Vielfalt

popdeurope blickt nach Europa und von dort in die Welt. Im Laufe von mehr als fünf Jahrzehnten musikalischer Popkultur haben sich Traditionen und Funktionen heraus gebildet, die einerseits als global verständliche Kommunikationsplattform dienen und gleichzeitig einen lokalen Identifikationspunkt bieten. Dieses Dossier präsentiert Portraits einzelner Künstler und Künstlerinnen, die in Europa leben aber mit ihrer musikalischen Arbeit die vielfältigen globalen Einflüsse auf die europäische Popmusik verdeutlichen. Daneben gibt es Essays über die Trendwende vom französischem Raï zum algerischen Rap in Algerien, die strukturelle Misswirtschaft im "Musikstandort Deutschland" und die Einflüsse Bollywoods auf die asiatische Popmusik in London.

Popwelt 2002: DJs und Tabla-Drums finden sich längst ebenso selbstverständlich auf einer Bühne, in einem Club, in einem Track zusammen wie arabische Melodien in den französischen Charts zu entdecken sind. Neben den alten Soneros gehören die jungen Hiphopper zu den wichtigsten Exportartikeln Cubas. Und eine der größten Revolutionen in der britischen Dancefloor-Kultur ging von Musikern mit indischen oder pakistanischen Roots aus. Maghrebinische Musiker wie Khaled oder Rachid Taha sind längst Teil der französischen Popwelt, während Turntables und Talking-Drums zu den wichtigen Instrumenten im afrikanischen Hiphop gehören.

Diese Entwicklungen greift popdeurope auf. popdeurope ist eine Sommer-Konzertreihe, die im Juni 2002 ihre Premiere im Haus der Kulturen der Welt in Berlin feiert und ab diesem Zeitpunkt jährlich dort stattfinden wird. popdeurope versteht sich als Plattform für die Vielfalt der Popmusik in Europa und will deren Verbindung mit Traditionen, Sounds und Künstlern aus anderen Kontinenten aufzeigen: In Konzerten, DJ-Sets und Workshops an den Sommerwochenenden wird popdeurope den Pop-Begriff als globale Sprache nutzen, deren lokale Slangs und Dialekte höchst unterschiedlich sind.

popdeurope blickt nach Europa und von dort in die Welt. popdeurope betrachtet die Entwicklungen in der Pop-City Berlin und spürt internationale Quellen auf, aus denen sich die Pop-Sprachen der Stadt Berlin speisen. popdeurope will den gewohnten Rahmen eines Pop-Festivals als lose Reihenfolge von Live-Konzerten erweitern um Workshops, Filme, Lectures, Diskussionen und die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen. popdeurope will Schwerpunkte setzen, indem es sich mit den musikalischen Universen einzelner Künstler beschäftigt, sich mit der Programmgestaltung anderer europäischer Festivals auseinandersetzt und Künstler unter seinem Dach gemeinsam arbeiten lässt.

Wie die Popmusik selbst, so soll sich popdeurope alljährlich neu erfinden, seine eigenen Strukturen immer wieder hinterfragen und verändern. Gleich bleibt in dieser Zielsetzung jedoch die inhaltliche Themenstellungen des Festivals, die nicht zuletzt angesichts der weltweiten politischen Entwicklungen des letzten Jahres eine ganz neue Dringlichkeit erhalten haben:

Welchen Einfluss nehmen die Traditionen und Pop-Stilistiken von Migranten, temporären Gästen und Einwanderern auf die musikalische Popkultur eines Landes? Wie definiert sich multiethnische Popmusik innerhalb Europas? Findet ein Austausch dieser Musik innerhalb Europas statt? Welche Bezüge zu außereuropäischen Musikformen werden deutlich? Wie werden "fremde" Strömungen zu einer eigenen Ausdrucksweise umgedeutet? Wie kann das Festival dabei behilflich sein, außereuropäischen Künstlern den Eintritt in den "Popmarkt Europa" zu erleichtern und professionelle Strukturen in Europa aufzubauen?

Doch all diesen bedeutungsschweren Fragen zum Trotz wird es popdeurope 2002 nicht zuletzt auch gelingen, die Beine in Bewegung zu bringen mit den Berber-Breakbeats der marokkanisch-britischen Band MoMo, dem indisch-französischen Dancefloor-Fusion von Senses, dem radikalen Hiphop der algerischen Band MBS, dem kapverdischen Roots-Soul von Sara Tavares oder dem Bossalectro-Sound des neuen französisch-belgisch-portugiesischen Superstars Helena.



Autor: Björn Döring doering@hkw.de